Jeder kennt die ikonischen Tore der ehemaligen Stadtmauer, die noch immer im Zentrum Münchens zu finden sind: Das Sendlinger Tor, das Isartor und das Karlstor. Aber es gibt noch weitere Überreste, von denen weder Touristen noch Einheimische Wissen. Nahe des Salvatorplatzes befindet sich so ein Ort. Dort ragte bis ins 19. Jahrhundert noch ein Wehrturm in die Höhe, heute erinnern nur noch wenige Überreste und eine Plakette daran. Was hat es mit diesen Lost Place auf sich?
Todesurteile und Hinrichtungen

Die Erste Stadtmauer um München wurde bereits im 12. Jahrhundert errichtet, der Bau des Wehrturms erfolgte hingegen erst 1493. Er lag zwischen der Zweiten Stadtmauer und der Zwischenmauer. Da es sich um einen Batterieturm handelte, verfügte er über keine Fenster, sondern lediglich über Luken, die zum Abfeuern von Geschossen dienten. Man konnte ihn auch nur von der Stadt aus betreten. Mit der Entfestigung Münchens im Jahre 1791 wurde er überflüssig. Trotzdem blieb er noch über ein Jahrzehnt an seinem Platz, man ihn im Jahre 1804 schließlich abzutragen begann.
Der Turm diente jedoch nicht alleine der Wehrhaftigkeit der Stadt durch Gefahren von Außen, sondern war auch Schauplatz für Hinrichtungen und Folterungen. Der Legende nach stand am Turm eine Statue der Jungfrau Maria, die die zum Tode Verurteilten küssen mussten, bevor sie ihrem Schicksal erlagen. Nach dem Kuss öffnete sich eine Klappe im Boden, durch die Todgeweihten in den Kerker stürzten, wo eine Eiserne Jungfrau sie auffing und ihnen den Tod brachte.
Eine solche hingerichtete Person war der Hauptmann Franz von Unertl. Er soll am Abend des 06. Januar 1796, also bereits nach der Entfestigung Münchens, von einen einspannigen Wagen aus einem Gasthaus abgeholt worden und zum Turm gebracht worden sein. Am 07. Januar um 03 Uhr morgens fand er schließlich den Tod durch die Eiserne Jungfrau. Bis heute soll man in der Nacht vom 06. auf den 07. Januar in der Jungfernturmstraße einen Mann in Frack und Lederstiefeln erspähen können. Dies ist der Geist des Hauptmanns, der dort umherspukt. Der Jungfernturm erhielt durch die Hinrichtungen mit der Eisernen Jungfrau seinen Namen.
Die Überreste des Jungfernturms
Es ist nicht viel geblieben vom ehemaligen Wehrturm. Lediglich ein paar Reste der roten Ziegelmauer in der Jungfernturmstraße zeugen noch von seinem alten Standort. Eine Tafel erinnert noch an ihn mit der Inschrift: „Hier stand der Jungfernturm, erbaut im Jahre 1493, abgebrochen im Jahre 1804“. Doch in den urbanen Legenden der Stadt lebt der Turm weiter, der München einst vor äußerlichen Gefahren schützte. Fans des Schauderhaften statten den Mauerresten und der Tafel auf einem Stadtspaziergang einen Besuch ab. Wer sich traut, kommt in der Nacht des 07. Januars hier her und hält Ausschau nach dem Geist des gerichteten Franz on Unertl.