So einige schillernde Persönlichkeiten wandelten durch Münchens Straßen oder waren Teil der Schickeria, wie etwa der Designer Rudolph Moshammer. In Sachen Extravaganz und Auffälligkeit überbot ein Zwillingspaar sie aber alle. Sie traten stets im Doppelpack auf und oft hörte man sie bevor man sie sah – obwohl sie wirklich nicht leicht zu übersehen waren. Jeder in München kannte sie und wer sie noch nie gesichtet hatte, war kein echter Münchner. Mittlerweile sind beide verstorben, doch der Mythos lebt weiter.
Zwillinge in Hotpants
Im Jahre 1950 erblickten Stephan und Christian das Licht der Welt und verbachten die ersten 26 Jahre ihres Lebens in Berlin und Hannover. Eigenen Angaben zufolge sei ihr Vater der Schauspieler Heinz Ohlsen gewesen und sie seien in einer Villa aufgewachsen, verifiziert ist dies nicht. Beide machten eine Ausbildung zum Friseur und 1976 zogen sie gemeinsam nach München. Hier verdingten sie sich nicht nur durch Haareschneiden, sondern auch als Models.
Bei den Bewohnern der Stadt waren sie jedoch weniger für ihre Modeljobs, sondern eher für ihr öffentliches Auftreten bekannt. Egal bei welcher Temperatur, egal zu welcher Jahreszeit, sie trugen stets Hotpants, was ihnen schnell den Spitznamen „Hotpants Boys“ einbrachte. Nach einem Urlaub in den Bergen im Alter von zarten 7 Jahren hätten sie aufgehört, lange Hosen zu tragen. Sie seien mit ihrem Großvater zusammen nach Berchtesgaden gefahren und auf den Watzmann geklettert. Dort zogen sie sich nackt aus und bemerkten, dass sie trotz Schnee nicht froren. Die Hotpants-Zwillinge waren geboren.
Aber auch abseits der nackten Beine fiel die Erscheinung der Zwillinge auf. Die Haare trugen sie lang und blondiert, die Kleidung oft in leuchtenden Farben, mit Pailletten bestückt oder im Leo-Print, dazu gerne bauchfrei. Drehte man ihnen den Rücken zu, wusste man trotzdem, dass sie da waren, da sie oft lautstark miteinander stritten und pöbelten. Dieses Verhalten blieb nicht ohne Konsequenzen: 18 Mal haben sie umziehen müssen, bekamen immer wieder Hausverbot erteilt.
Die tragischen letzten Jahre der Öhlschläger-Zwillinge

2015 verloren beide wieder ihre Wohnung und konnten keine neue Bleibe finden. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden längst arbeitsunfähig, die Beiträge vom Amt reichten nicht. Sie lebten in immer wieder wechselnden Notunterkünften. Auch hier wurden sie teilweise des Hauses verwiesen, etwa wegen offenem Feuer. Das meiste ihres Hab und Guts wurde gepfändet, darunter Familienfotos und 300 Hotpants, so dass ihnen nicht viel blieb bis auf ein paar Kleidungsstücke. Den Hotpants blieben sie aber auch in dieser prekären Situation noch treu.
Nach mehreren langen Jahren der Heimatlosigkeit dann die Erleichterung: Gemeinsam bezogen sie eine neue Wohnung in Sendling. Die Freude war jedoch nur von kurzer Dauer, denn am 09. Januar 2022, kurz nach dem Einzug, verstarb Stefan Öhlschläger eines natürlichen Todes in seiner Wohnung. Sein Bruder Christian erlitt daraufhin einen Zusammenbruch und musste medizinisch betreut werden. Ein halbes Jahr später verstarb auch er. Immer seien sie zusammen gewesen, ihr ganzes Leben. Gestritten haben sie nicht, so Christian, er habe lediglich eine laute Stimme gehabt. Die Öhlschläger-Zwillinge mögen polarisiert haben doch eines steht nach ihrem Tod fest: Ohne sie ist München weniger bunt.