In der Isarvorstadt verbirgt sich hinter hohen Mauern ein historischer Ort, der mit seinen prunkvollen, verwitterten Grabmälern umgeben von wildwachsender Natur zum Flanieren und Verweilen einlädt. Dieser Friedhof bringt Entschleunigung in das ihn umgebende Stadtleben und bietet für viele eine Oase der Ruhe im Alltag abseits der gängigen Parks. Darüber hinaus ist er für historisch-interessierte Personen eine spannende Bereicherung.
Vom Pestfriedhof zum Denkmal
Die Geschichte des Friedhofs reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Damals lag das Areal nach außerhalb der Stadtmauern und wurde von Herzog Albrecht V. als Pestfriedhof angelegt. Über die Jahrhunderte soll München angeblich ganze 25 Mal mit Pest-Epidemien zu kämpfen gehabt haben. Dies resultierte in der Gründung des Friedhofs 1536.
170 Jahre später entstand auf diesem Friedhof ein Massengrab für etwa 800 Opfer der Sendlinger Blutweihnacht, bei der Aufständische den kaiserlichen Truppen unterlagen. Noch heute erinnert ein Denkmal an sie. Ludwig I. spendete eine Kanone, um diese einzuschmelzen und daraus das Denkmal zu gießen. Die feierliche Einweihung des Denkmals fand an Allerheiligen 1835 statt.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Friedhof schließlich zum Hauptfriedhof der Stadt München, aufgrund eines 1789 erlassenen Gesetzes, das die Begräbnis von Toten intra muros, also innerhalb der Stadtmauern verbot. Die vorhandenen Grabstätten wurden daraufhin vor die Stadttore verlegt und die Kirchhöfe eingeebnet und gepflastert. Als die Bestattung Verstorbener wieder in städtische Hand gelangte, erfolgte eine Umgestaltung des Zentralfriedhofs und Massengräber und Grabstätten mit einfachen Kreuzen verwandelten sich in imposante Grabmäler.
Mit der Zeit wurde der Platz knapp, sodass eine Erweiterung irgendwann unumgänglich war. Diese nahm Friedrich von Gärtner vor, der nach seinem Tod als erster Verstorbener auf diesem neuen Teil seine letzte Ruhe fand. Insgesamt umfasst der Alte Südfriedhof nun 10 Hektar, auf denen bekannte Persönlichkeiten der Stadt München begraben liegen. Darunter sind z. B. Josef von Frauenhofer, Franz Jakob Schwanthaler, Ludwig von Schwanthaler, Georg Pschorr und viele weitere.
Der Alte Südfriedhof heute
Bis zur Eröffnung des Nordfriedhofs 1868 war der alte südliche Friedhof der Zentralfriedhofs München. Nachdem der Nordfriedhof in Betreib ging, verringerten sich die Begräbnisse auf dem Südfriedhof bis zur vollständigen Stilllegung 1944. Heute unterliegt das Gelände dem Denkmal- und Naturschutz. Mehr als 13.000 Gräber und fast 100 Grüfte befinden sich auf der Fläche in der Isarvorstadt und können von euch besucht werden.
Für die Anwohner ist der Alte Südfriedhof ein Naherholungsgebiet in der Nachbarschaft. Leute gehen hier spazieren, lassen sich auf den Bänken nieder, betrachten die beeindruckenden Grabmäler und genießen die leicht verwilderte Natur. Für einen Abstecher ans Wasser geht ihr vor oder nach eurem Besuch am Stadtbach entlang, der am Friedhof vorbeifließt. Wer sich besonders für die Geschichte und die Persönlichkeiten interessiert, nimmt an einer der Führungen teil, die in unregelmäßigen Abständen stattfinden. Wenn ihr es ausgefallener mögt, nehmt ihr an einem der Graveyard-&-Burbon-Rundgänge teil, bei denen ihr die Führung mit einem Besuch im Essen kombiniert.
Heute befinden sich am Alten Südfriedhof außerdem ein Spielplatz und ein paar Tischtennisplatten, sodass sich der Ort sogar als Familienausflugsziel eignet. Mit etwas Glück erspäht ihr auch das ein oder andere Eichhörnchen auf einem der Bäume. In der Vorweihnachtszeit findet auf dem Stephansplatz am nördlichen Ende außerdem der Weihnachtsmarkt Pink Christmas statt, sodass ihr euren Spaziergang auf dem Alten Südfriedhof mit weihnachtlicher Stimmung kombinieren könnt.

